Mit den Landwirten habe ich in den letzten Jahren viele gute Gespräche geführt. Ich war immer wieder angenehm überrascht, wie offen und ehrlich sie auch mit dem Themen Tierwohl und Umweltschutz umgehen. Umso trauriger ist es, wie viele Bauern trotz harter Arbeit tagtäglich um ihre Existenz kämpfen müssen. Allein in den letzten Jahren 20 Jahren musste jeder zweite Betrieb in Ostfriesland seinen Hof aufgeben. Mit der derzeitigen Agrarpolitik werden nur Großbetriebe mit großen Anbauflächen sowie industrieell ausgerichtete Massenställe eine Chance haben. Insgesamt eine, für die Natur und Artenvielfalt eine schlechte Entwicklung. Das muss, je früher desto besser, gestoppt werden.
Landwirte haben es nicht leicht!
Ist es überhaupt richtig, nur die Landwirte für die fortschreitende Technisierung verantwortlich zu machen? Natürlich nicht ! Hat der heutige Landwirt überhaupt noch eine Chance, seinen Betrieb naturnah zu führen, wenn er damit auch überleben will?
Hat nicht unsere Agrarpolitik die Massenhaltungen von Tieren mit Steuergeldern zielgerichtet gefördert? Warum hat man nicht im gleichem Maßstab auch den kleinen bäuerlichen Familienbetriebe unter die Arme gegriffen ? Nicht zu vergessen, die ewig preisdrückenden und marktbeherschenden Discounter und Großmolkereien. Und wie ist es um das Kaufverhalten des Verbrauchers für hochwertige Milchprodukte bestellt? Gilt noch immer das Motto "Geiz ist Geil" ? Viele interessante wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Fragen !
Globale Märkte fordern Billigprodukte
Mit dem Wegfall der Milchquoten sind den einzelnen Milchbetrieben keine Grenzen mehr gesetzt. Aber sie sind Einzelkämpfer und um gegen Großmolkereien bestehen zu können, werden sie schon sog. Milcherzeugergemeinschaften gründen müssen. Nur so lassen sich ihre Interessen besser duchsetzen, da rd. 77.000 einzelne Milcherzeuger nur rd. 150 Milch verarbeitenden Betrieben gegenüberstehen.
Da heute die überschüssigen Milchmengen auf dem Weltmarkt landen, gelten hier noch härtere Gesetzte und nur Produkte mit Niedrigpreisen können überleben. Selbst die Bauern in Afrika und Asien haben wiederum gegen diese subventionierte Milch keine Chance. Und noch billiger können es die Milchbauern in Neuseeland.
Nirgends sind Lebensmittel billiger als in Deutschland
Je reicher ein Land und seine Bürger sind, umso weniger Geld geben sie für Lebensmittel aus. Eine Studie des Finanzportals Vexcach in 90 Ländern untersuchte, wieviel Prozent des Einkommens die Bürger für Lebensmittel ausgegeben. Ergebnis: In reichen Nationen wie Deutschland geben die Bewohner 10 %, in Großbritannien 8,2 und in der USA nur 6,4 % ihres Einkommens für Lebensmittel aus.
Zusammengefasst: Je geringer das Einkommen desto größer sind die Ausgaben für Lebensmittel. Ein Be-kannte von mir meinte: Der Unterschied zwischen den Franzosen und Deutsche ist: Der Deutsche fährt mit einem teuren Auto zu einem günstigen Restaurant. Der Franzose fährt mit einem kleinen Fahrzeug in eine teures Restaurant.
Gut ist, dass bei den jüngeren Verbrauchern eine Tendenz zu mehr Qualität erkennbar ist. Die Bereitschaft steigt, für Bio, Nachhaltigkeit und Tierwohl tiefer in die Tasche zu greifen.
Warum in Deutschland die Lebensmittel am günstigsten sind, ist auf den knallharten Wettbewerb im Handel zurückzuführen.Das Marktforschungsinstitut IRI, die jedes Jahr die Preise für Lebensmittel in 7 Ländern Europas untersuchen kam zu dem Ergebnis: Nirgends ist es billiger als in Deutschland !
Die Discounter wie Lidl, Aldi, Netto Marken-Discount und Penny sind überall auf dem Lande vertreten. Wird ein Aldi Geschäft gebaut folgt auch bald ein Lidl Markt und jeder will die Konkurrenz mit günstigeren Preisen ausbooten.
Aber nicht nur auf dem Lebensmittelmarkt schrumpfen die Akteure, denn das gleiche gilt auch für die milchverarbeitenden Molkereien. Gab es in 1950 noch 3.500 milchverarbeitende Unternehmen konzentrieren sich die Aktivitäten heute auf nur noch rd. 150 Betriebe. Aber auch das EU-Parlament kommt langsam zu der Erkenntnis, dass die Konzentrierung im Einzelhandelsbereich so nicht weiter gehen darf. Auslöser ist, dass die Bauern als Lieferanten viel zu lange einem gnadenlosem Preiskampf unterliegen, denn sie einfach nicht überstehen können. Inwieweit die EU es schafft, dass die Bauern bei Preisverhandlungen mit am Tisch sitzen und mehr Macht und Mitspracherecht bekommen bleibt abzuwarten. Denn die Discounter werden dagegenhalten. Oder sie suchen sich neue billige Einkaufsmärkte. Auf jeden Fall ist Eile geboten, denn jeder Tag, an dem kleine Lebensmittelläden und Bauernhöfe den Betrieb einstellen ist ein weiterer Verlust. Diese Geschäfte oder Höfe werden so nicht wieder zurückkommen.
Edeka informiert über Haltungsformen
Die Edeka will auf den Verpackungen mit Fleischprodukten informieren, wie die Tiere gehalten wurden. Je nach Qualitäts-, Tierwohl- und Biosiegeln sollen 4 Haltungsformen vergeben werden:
Stufe 1 = Stallhaltung, 2 = Stallhaltung Plus bei mehr Platz, Stufe 3 = Außenklima mit mehr Platz und Frischluft-Kontakt und Stufe 4 = Premiun mit noch mehr Platz und Auslaufmöglichkeiten wie Biofleisch.
Die Haltungsnoten sollen mit denen des staatl. Tierwohllabel vergleichbar sein. Edeka möchte damit mehr Verantwortung übernehmen und das Tierwohl schrittweise verbessern.
Greenpeace begrüßt es, dass neben Lidl, Aldi und Rewe auch Edeka mit der Kennzeichnung, wie die Tiere aufgezogen werden, für den Verbraucher mehr Transparenz schaffen will.
Ein Kommentar von Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Lasse van Aken: „Der Einzelhandel führt Julia Klöckner vor“. Während die Ministerin nur ein Nischen-Label plant, informieren die Supermarktketten den Verbraucher umfassend. Auch Fleisch aus schlechter Haltung wird klassifiziert. Die Ministerin sollte die Kennzeichnung in Handel und Gastronomie zur Pflicht machen und die gesetzlichen Regeln für die Tierhaltung grundlegend verbessern.
Als Anfang Februar 2019 die Bundesumweltministerin Julia Klöckner ihr staatliches Tierwohlkennzeichen vorstellte, gab es zugleich Kritik von der Umweltministerin Ulrike Höfken. Ein Tierwohllabel, so Höfken, hat zwei Ziele: eine eindeutige, verständliche Kennzeichnung für die Verbraucher und eine Verbesserung der Haltungsbedingungen für Nutztiere. Beide Ziele wurden verfehlt. Zwischenzeitlich habe der Handel eine Tierwohlkennzeichnung eingeführt, weil die Bundesministerin so lange untätig war. Höfken weiter: Der Bund sorgt für Verbraucher-Verwirrung und nicht für Transparenz und Klarheit.
Schweiz: Konzerne machen nicht mit !
Am 23. September konnten die Schweizer über 2 Volksinitiativen entscheiden:
a) Fair Food Initiative: Die Grünen möchten die Lebensmittel naturnah, umweltfreundlich und tierfreundlich produzieren. Produkte sollen für den Verbraucher klar deklariert werden.
b) Initiative für Ernährungssouveränität: Der Staat übernimmt eine aktivere Rolle und regelt den Markt und Preise. Kleinbetriebe solle mehr gefördert werden und Verbot für gentechnishce Organismen. Subventionen für die Ausfuhr von Lebensmittel fallen weg.
Zunächst sah es gut aus, da auch die Stellung der Bauern verbessert wurde. ABER Nestle warnte schon, dass die Produktion von Lebens-mittel dadurch gefährdet werde. Letztlich führten die Drohszenarien von Nestle und Co dazu, dass beide Anträge abgelehnt wurden !